Zunftkleidung, Kluft und Wanderschaft

Arbeitskleidung soll den Träger vor Gefahren bei der Arbeit schützen und dabei noch möglichst bequem sein. Für verschiedene Berufe gibt es daher auch unterschiedliche Arbeitskleidung, die den jeweiligen Ansprüchen gerecht werden soll. Traditionelle Handwerksberufe haben ihre eigene Arbeitskleidung. Diese wird auch als Zunftkleidung oder Kluft bezeichnet.

Material

Zunftkleidung besteht aus mehreren unterschiedlichen Teilen (Zunfthose, Zunftweste,..) und wird außerdem von Gesellen auf Walz/Wanderschaft getragen (Wandergesellen). Die typische Zunftkleidung für Zimmermänner und Dachdecker besteht aus Cord, meist Trenkercord oder Genuacord (unterscheiden sich durch die Rippenbreite). Cord ist atmungsaktiv, sorgt für einen angenehmen Tragekomfort und ist sehr robust.

Die Zunftkleidung der Maurer beispielsweise besteht aus Zwirn Doppelpilot und zeichnet sich ebenfalls durch einen angenehmen Tragekomfort aus. Zwirn Doppelpilot gilt als besonders robust, atmungsaktiv, besitzt eine hohe Scheuerfestigkeit und schützt vor Schweißfunken.

Warum haben die Hosen der Zimmermänner oder Dachdecker zwei Reißverschlüsse? Das ist ganz einfach. Das traditionelle Aussehen der Zunfthosen wurde eigentlich von den Schiffszimmermännern übernommen. Da diese bei ihrer Arbeit öfter auch mal ins Wasser fielen, brauchten sie die zwei Reißverschlüsse, um schneller aus der Hose raus zu kommen. Denn sobald die Hose sich mit Wasser vollgesogen hatte, wurde sie sehr schwer und das Werkzeug in der Hose beschwerte diese ebenfalls.

Pflege und Größe

Zunftkleidung zeichnet sich durch große Belastbarkeit aus. Damit die Zunftkleidung auch so langlebig und gut erhalten bleibt, sollte sie so wenig wie möglich gewaschen werden. Dreck wie Erde oder Staub kann auch abgebürstet oder abgeklopft werden. Sollte es aber dennoch notwendig sein die Zunftkleidung zu waschen, sollte das auf links geschehen und die Zunfthose sollte geschlossene Reißverschlüsse haben. Zunftkleidung sollte nicht wärmer als 40 Grad gewaschen werden, nicht in den Trockner und nicht gebügelt werden.

Auch bei der Wahl der Größe sollte man beachten, dass Zunfthosen (oft auch als Dachdeckerhose oder Zimmermannshose bezeichnet) oft zu 100% aus Baumwolle bestehen und in der Länge nach dem Waschen noch etwas einlaufen. Bei extremen Belastungen garantieren Zunfthosen mit speziell verstärkten Schritt- und Seitennähten eine gute Haltbarkeit. Es gibt Zunfthosen mit und ohne Schlag. Der Schlag einer Zunfthose soll dafür sorgen, dass keine störenden Späne usw. in die Schuhe gelangen, deshalb sollte er so groß sein, dass er die Schuhe gerade eben bedeckt (auch 65er Schlag genannt). Allerdings darf der Schlag auch nicht zu groß sein, da er sonst bei der Arbeit stören könnte und die Gefahr mit sich bringt, dass man sich verheddert und stürzt.

Wanderschaft/Walz

Die Wanderschaft, auch Walz oder Tippelei genannt, geht auf ein Jahrhunderte altes Brauchtum zurück und war früher notwendig um Meister zu werden und sich in einer Stadt als Bürger melden zu können. Während der Wanderschaft sollen neue Fähigkeiten und Arbeitspraktiken erlernt werden und auch neue Orte und Länder erkundet werden. Der Geselle geht dann in seiner Kluft auf Wanderschaft für mindestens 3 Jahre und einen Tag.

Zur Zunftkleidung bzw. Kluft auf Wanderschaft gehören folgende Kleidungsstücke und Gegenstände:

  • Der schwarze Hut. Entweder als Schlapphut mit breiter Krempe oder Zylinder. Er gilt als Zeichen des freien Mannes. Der Geselle wird wenn der auf Wanderschaft geht freigesprochen, was im Mittelalter nicht selbstverständlich war.
  • Zunfthose mit Schalg.
  • Die Staude ist ein weißes Hemd ohne Kragen.
  • Zunftweste mit 8 Perlmuttknöpfen für 8 Stunden Arbeit am Tag.
  • Zunftjacke mit 6 Knöpfen vorne für 6 Arbeitstage und je 3 Knöpfen an den Ärmeln für 3 Lehrjahre und 3 Wanderjahre.
  • Schwarze Schuhe oder Stiefel.
  • Die Ehrbarkeit, ähnlich einer Krawatte, in der Farbe des jeweiligen Schachtes mit der passenden Stecknadel (mit Handwerkswappen).
  • Der Ohrring (aus reinem gold, zeigt einen fünfzackigen Stern), der früher nach Tod des Gesellen für die Finanzierung seiner Beerdigung sorgen sollte. Verhielt sich der Geselle unehrenhaft, wurde der Ohrring rausgerissen und man bezeichnete ihn als Schlitzohr.
  • Der Wanderstock, auch Stenz genannt.
  • Der Charlottenburger, einen Leinentuch mit den Besitztümern, das an einem Lederriemen befestigt über die Schulter gehängt wird.
  • Die Zunftuhrkette. Daran hängen die Wappen der Städte in denen der Geselle gearbeitet hat.
  • Das Wanderbuch. Im Wanderbuch werden Sachen wie Name, Heimat, Beruf, Walzstationen usw. festgehalten.

Die Farbe der Zunftkleidung bzw. Kluft hängt dabei vom jeweiligen Beruf ab. Für Holzberufe ist die Zunftkleidung z. B. schwarz und für Steinberufe hell. Früher diente die Zunftkleidung auch dazu, die Gesellen auf Wanderschaft von Gesindel zu unterscheiden.

Auf Wanderschaft können nicht nur Dachdecker, Zimmerer, Steinmetze, Maurer und Tischler gehen, sondern auch Buchbinder, Schneider, Töpfer, Goldschmiede, Instrumentenbauer u. a.

Voraussetzungen und Regeln

Voraussetzung um auf Wanderschaft zu gehen ist die bestandene Gesellenprüfung. Außerdem muss der Geselle ledig sein, darf keine Schulden haben, darf nicht vorbestraft sein und keine Kinder haben. Hinzukommend ist die Wanderschaft verschiedenen Regeln unterworfen. Die Reise darf nur zu Fuß oder per Anhalten geschehen, er darf nicht näher als 50 km an seinen Heimatort kommen (Bannkreis genannt) und er muss mindestens 3 Jahre und einen Tag unterwegs sein. Der Wandergeselle hat seine Kluft immer zu tragen und sich immer ehrbar und zünftig zu verhalten, damit auch der nächste Wandergeselle gern gesehen ist.

Wandergesellen werden auch „Fremdgeschriebene“ genannt. Sie treten meist einem Schacht bei, einer Art Handwerkervereinigung.  Die Schächte pflegen weiterhin die alten Bräuche und Rituale und geben diese an die Gesellen auf Wanderschaft weiter. Es gibt beispielsweise die Rechtschaffenden Fremden, die Rolandsbrüder, den Fremden Freiheitsschacht und einige weitere. Andererseits gibt es auch Gesellen, die ohne einem Schacht beizutreten auf die Reise gehen. Sie werden als Freireisende oder Wildreisende bezeichnet, halten sich aber meist dennoch an die traditionellen Regeln der Wanderschaft. Damit der Wandergeselle Verpflegung und Unterkunft erhält, „schniegelt“ (arbeitet) er bei einem „Krauter“ (Handwerksmeister).

Die Rückkehr eines Wandergesellen heißt Einheimischmeldung. Dazu muss er den Bannkreis (die 50km) durchlaufen bis zu seinem Heimatort und wird dort empfangen.

Mehr Informationen gibt es hier:

Walz
Fremder Freiheitsschacht